Vergleichstest Voll-/Halbmeißel

Immer wieder hört man von Motorsägenbesitzern das Argument, das der Vollmeißelzahn im Vergleich zum Halbmeißelzahn zwar besser schneidet, aber auch schneller stumpf wird. Wir prüfen ob die Aussage stimmt und haben beiden Kettentypen einem aufwendigen Praxistest unterzogen.

Unser Versuchsaufbau im Detail:

Testbeschreibung

1. Schnittleistung

Test

Auf einer Dolmar PS 5000 werden nacheinander eine Halbmeißel- und eine Vollmeißelkette montiert. Die Ketten sind neu und im werksgeschärften Zustand. Es werden je 3 Holzscheiben von einem Laubholz- (17 cm Durchmesser) und von einem Nadelholzstamm (23 cm Durchmesser) abgeschnitten. Die linke Hand des

Sägenführers ruht nur auf dem vorderen Handgriff, ohne die Säge zu drücken. Somit ist der Anpressdruck gleich dem Sägengewicht. Die benötigte Zeit wird mit einer Stoppuhr ermittelt. Bei gleichen Vorraussetzungen und unterschiedlichen Zeiten erhalten wir somit eine Aussage über die Schnittgeschwindigkeit.

2. Standzeit in verschmutzem Holz

Standzeitentest

Der absolute Härtetest! Wir legen 3 Stechschnitte im Nadelholz an und füllen diese mit Quarzsand. Anschließend schneiden wir mit jeder Kette drei Scheiben ab. Die Schnitte verlaufen dabei genau durch die mit Sand

gefüllten Stechschnitte. Jeder Schnitt wird einzeln mit der Stoppuhr gemessen. Aufgrund der Zeitdifferenz von Schnitt zu Schnitt erhalten wir eine Aussage über die Standzeit bzw. den Schnittleistungsverlust der jeweiligen Kette.

3. Schnittleistung längs zum Faserverlauf

Längsschnitttest

Eine 17 cm dicke Fichte fällen wir 1 Meter über dem Erdboden. Anschließend werden mit der Säge jeweils 40 cm lange Teilstücke des

Baumstumpfes mit der handgeschärften Motorsäge der Länge nach aufgetrennt. Auch hierbei gibt die gestoppte Zeit Auskunft über die Schnittleistung bzw. -geschwindigkeit.

Testergebnis Schnittleistung

Grafik Schnittgeschwindigkeit

Abb. 2

Das Testergebnis war fast zu erwarten. Der Vollmeißel war bei allen drei Versuchen dem Halbmeißel überlegen. Er durchtrennte die drei Fichtenscheiben in 27,27 Sekunden, während der Halbmeißel für die gleiche Arbeit 30,86 Sekunden (s. auf Grafik in Abb. 2) benötigte. Der Laubholztest lieferte ähnliche Resultate. Als Referenzwert haben wir in allen Testreihen die Leistung des Vollmeißelzahnes mit 100% definiert. Im werksgeschärften Zustand brachte der Halbmeißel nur ca. 87% der Schnittleistung des Vollmeißelzahnes.

Nach dem Standzeitentest wurden die stumpfen Ketten im Wald mit einer Rundfeile wieder Instand gesetzt. Nach dieser Schärfung betrug die Leistung des Halbmeißelzahnes gerade mal nur noch 54 % der Schnittleistung des Vollmeißelzahnes. Ein deutlicher Unterschied, der allerdings nicht ganz repräsentativ zu sehen ist, weil eine Schärfung in der Werkstatt mit Hilfsmitteln und einer höheren Präzision wahrscheinlich den Abstand etwas verringert hätte.

Der Test unterstreicht somit die landläufige Aussage, dass der Vollmeißel eine bis zu 20% höhere Schnittleistung gegenüber dem Halbmeißel hat.

Testergebnis Standzeit

Grafik Standzeit

Abb. 3

Ein absoluter Härtetest für jede Sägenkette. Es wurden mit einer Kette jeweils drei Schnitte nacheinander durch die verschmutzten Bereiche geführt. Jeder Schnitt wurde dabei mit einer Stoppuhr zeitlich erfasst.

Das Ergebnis war unserer Meinung nach doch sehr aussagekräftig.

Der Vollmeißelzahn benötigte werksgeschärft ohne Verschmutzung etwas mehr wie 9 Sekunden für den Schnitt durch den 23 cm dicken Fichtenstamm. Im verschmutzten Holz hingegen erhöhte sich die Zeit beim ersten Schnitt auf etwas mehr wie 14 Sekunden. Beim zweiten Schnitt steigerte sich die Zeit auf 19 Sekunden. Beim dritten Schnitt dann aber die Überraschung. Hier bleib die Zeit fast konstant, insgesamt brauchte der Vollmeißelzahn jetzt nur noch etwas mehr wie 20 Sekunden (s. Grafik in Abb. 3) für den Schnitt durch das sandbehaftete Holz.

Beim Halbmeißelzahn hingegen verlief der Test nahezu umgekehrt.

Für den Schnitt durch das saubere Fichtenholz brauchte der Halbmeißel gerade mal 10,3 Sekunden. Der erste Schnitt durch das verschmutzte Holz gelang mit dem Halbmeißel in 10,66 Sekunden, also nahezu zeitgleich. Der zweite Schnitt brauchte dann aber schon 5 Sekunden mehr. Die Differenz zum ersten Schnitt lag hier in etwa auf gleichem Niveau mit dem Vollmeißel. Dann aber ließ der Halbmeißel stark nach. Beim dritten Schnittversuch benötigte die Kette etwas über 29 Sekunden, ganze 10 Sekunden mehr wie der Vollmeißel.

Unser Test hat gezeigt, dass ein Vollmeißelzahn zwar relativ schnell seine höhere Schnittleistung in verschmutztem Holz verliert, danach in der Leistung aber weniger stark abfällt wie der Halbmeißel. Problematisch ist jedoch, dass eine eventuelle Beschädigung der Zahnspitze zu einem erhöhten Schärfaufwand führt. Das oft gebrauchte Argument, das ein Vollmeißel schneller stumpf wird stimmt also nur bedingt. Letzten Endes bleibt aber auch im stumpfen Zustand der Vollmeißel leistungsfähiger wie der Halbmeißel.

Testergebnis Längsschnitt

Grafik Längsschnitt

Abb. 3

Dieses Ergebnis war für uns allerdings überraschend.

Hier punktete ganz klar die Halbmeißelkette!

Mit 16,3 Sekunden durchtrennte die Halbmeißelkette den 40 cm langen Abschnitt ganze 5 Sekunden schneller als der Vollmeißelzahn.

Fazit!

Die Vollmeißelkette ist in punkto Schnittleistung nach wie vor erste Wahl. Sie durchtrennt Laub- und Nadelholz deutlich schneller als die Halbmeißelkette. Wer allerdings häufiger mit stark verschmutztem Holz zu tun hat oder die Motorsäge auch anderweitig nutzt, der ist wahrscheinlich mit der Halbmeißelkette besser bedient. Nicht weil diese „länger“ scharf bleibt, sondern weil

aufgrund der runden Zahnform geringere Beschädigungen zu erwarten sind. Denn der Grund für die höhere Schnittleistung des Vollmeißelzahnes liegt in der gekanteten Form und vor allem in der ausgeprägten Zahnspitze. Und genau diese wird durch den Kontakt mit Steinen oder Schmutz eben stärker abgenutzt wie die runde Form des Halbmeißelzahnes.